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Bankwechsel sind unkompliziert möglich – wenn Sie einiges beachten

Ärgern Sie sich auch manchmal über die fehlende Servicebereitschaft Ihrer Bank? Mussten Sie in den letzten Jahren einen häufigen Wechsel Ihrer Betreuer hinnehmen? Haben Sie den Eindruck, dass Sie Ihren Beratern immer wieder neu erklären müssen, wie eine Apotheke oder Praxis funktioniert? Wenn dann noch die Kontoführungsgebühren steigen oder die Kredite teuer  werden, ist der Gedanke an einen Bankwechsel plötzlich da!

Ist aber ein Wechsel so einfach möglich? Worauf Sie hierbei achten sollten, um nicht vom Regen in die Traufe zu gelangen und unnötige Kosten zu tragen, erläutern wir nun:

Wichtig: Nachhaltige Ausrichtung der Bankstrategie auf das Gesundheitswesen:

Achten Sie bitte darauf, dass die Bank zu der Sie wechseln wollen versteht, wie eine Apotheke oder Praxis funktionieren. Trotz aller – zum Teil vollmundiger – Bekenntnisse, ist es nicht für jede Bank und deren technische Systeme leicht zu verstehen, wie Ihr Unternehmen„tickt“. Durch z.B. die enge Verbindung von betrieblichen und privaten Finanzierungen ist es nicht jeder Bank ohne weiteres möglich, Ihre finanzielle Situation und Ihre Bilanzen oder E/As richtig zu deuten und zu soliden Ratingergebnissen zu gelangen.

Kundenorientierte Berater sind zwar angenehm, aber insbesondere muss das „Backoffice“ Ihrer Bank auf eine Vielzahl interner Daten, wie z.B. Durchschnittsumsätze, Kostenpositionen, Wissen über Chancen und Risiken sowie eine nachhaltige Einschätzung zum Gesundheitswesen verfügen. Nur so erhalten Sie ein angemessenes Rating und dauerhaft faire Konditionen. Denn: wie in der Liebe – die Werbephase hört irgendwann auf und der Alltag tritt ein. Ganz besonders wichtig wird die konsequente Ausrichtung, wenn Sie – im Fall einer finanziell kritischen Situation – wirkungsvolle Hilfe benötigen.

Ihre neue Bank sollte z.B. verstehen, dass z.B. „Kiez-Apotheken “ anders funktionieren, als „Center- oder Spezialapotheken“ und auch, dass diese unterschiedlichen Apothekentypen andere Liquiditätsanforderungen haben (z.B. durch AMNOG) sowie differierende Fragen und Anforderungen bestehen.

Ihre neue Bank sollte sich also nicht nur freundlich und kundenorientiert zeigen, sondern die Berater müssen ebenfalls Erfahrung im Umgang mit der wirtschaftlichen Situation von Apotheken und Praxen nachweisen.

Know-how von Bankmitarbeitern

Die Bedeutung dieses Spezialwissens zeigt sich an folgenden Beispielen z.B. bei Apotheken

  1. Die Apotheke hat durch das „AMNOG“ Rabattverluste hinnehmen müssen, die erhebliche Auswirkungen auf den Rohertrag haben. Die Kontokorrentlinie stieg in den ersten 9 Monaten des Jahres 2012 leicht – aber stetig – an. Nun wird zusätzlich eine Erhöhung der Kontokorrentkreditlinie benötigt, um
  • Darlehen bei dem Großhandel abzulösen oder
  • Zahlungsziele vorzuziehen, um wieder eine verbesserte Rabattsituation zu erlangen.

        2. Durch Wegzug der allgemeinmedizinischen Praxis aus dem Apothekengebäude ist der Standort wirtschaftlich uninteressant geworden. Es ergibt sich nun die Chance eines zeitnahen Umzugs in eine interessante Lage – mit deutlich besserer Anbindung an Ärzte und Laufkundschaft -. Die Miete ist zwar etwas höher, aber die Chancen sind groß.

Diese Fallbeispiele beschreiben Situationen, bei denen die EDV-Systeme der Banken zwar einwandfrei funktionieren, aber Besonderheiten und Veränderungen nur unzureichend abbilden können. Ohne fachlich fundierte Zusatzinformationen, die nur der Kundenbetreuer liefern kann, wird das Rating (also Ihre Schulnote bei der Bank) auf die aktuelle Situation gerechnet. Ihre „Versetzung“ kann gefährdet sein.

Daher spielen qualifizierte Bankberater, die das Umfeld von Apotheken/Praxen und Zusatzinformationen richtig bewerten, bei der Gestaltung Ihrer wirtschaftlichen Zukunft eine sehr wichtige Rolle.

Der Schwerpunkt bei der Auswahl Ihres Bankberaters muss auf dem Know-how über die „Landschaft“ des Gesundheitswesens liegen. Bei immer schnelleren Veränderungen stellt dieses Fachwissen für Sie einen wertvollen Vorteil dar.

Erst danach bewerten Sie den Sympathiefaktor.

Achtung: Lockvogel-Zinsen

Was macht eine gute Kondition aus? Häufig werden „Lockvogel-Angebote“ herausgelegt, die nicht unbedingt auf Ihre persönliche Situation passen müssen.

Beispiel 1: Ihre Zahlungsfähigkeit soll beim Großhandel erhöht werden, um bessere Konditionen zu erhalten. Hierfür benötigen Sie – für 10 Tage im Monat – eine erhöhte Kreditlinie. Ihre neue Bank möchte Sie hier unterstützen und bietet ein langfristiges Darlehen – mit einer heute sehr günstigen Darlehenskondition in Höhe von 2,75% über 10 Jahre – an.

Alternativ bietet Ihnen –  z.B. Ihre Hausbank – einen Kontokorrentkredit in Höhe von z.B. 6% an. Auch wenn der Zins deutlich teurer ist und ein Zinsänderungsrisiko besteht, ist der Kurzfristkredit für Sie günstiger, da Sie die Liquidität ja nicht permanent – sondern immer nur für 10 Tage pro Monat – in Anspruch nehmen.

Beispiel 2: Das laufende Apotheken- oder Praxiskonto ist bei Ihrer neuen Bank für die ersten 6 Monate gebührenfrei, erst danach werden relativ geringe Buchungsposten von z.B. 25 Cent pro Buchung in Rechnung gestellt. Bei 100 Posten pro Monat sind dies immerhin € 300 pro Jahr. Bei einer Finanzierung von € 100.000 bedeutet dies eine Kreditverteuerung von 0,30% pro Jahr.

Alternativ gibt es Banken, die z.B. Ihre Konten – auf Guthabenbasis – gebührenfrei führen. Hierbei müssen Sie natürlich aufpassen, immer genügend Liquidität vorzuhalten, aber das rechnet sich schnell.

Beispiel 3: Als Tilgungsersatz Ihrer Erweiterungsfinanzierung empfiehlt Ihre neue Bank eine Fondsversicherung oder einen Investmentfonds. Es wird Ihnen in diesem Zusammenhang ein besonderes Sonderkreditprogramm angeboten, dessen Zinssatz sehr lukrativ ist.

Berücksichtigen Sie bitte hierbei, dass Sie unternehmerische Risiken mit Spekulationen im Finanzbereich kombinieren und dass der Strich unter der Rechnung immer zum Schluss gemacht wird. Also erst, wenn die Ansparbeträge nach 10 bis 15 Jahren – so wie kalkuliert – ausgezahlt werden. Daher wird in der Regel ein „langweiliges Tilgungsdarlehen“ oft eine gute Alternative darstellen.

Schauen Sie insbesondere – bei besonders günstig klingenden Konditionen – sehr gut hin und achten Sie auf eine gute Beratung. Starre Regeln, die häufig mit Sonderangeboten verbunden sind, können für Sie zur Geißel werden. Flexibilität ist ein Wert, der nicht immer gerechnet werden kann.

Zeitlicher Aufwand für den Wechsel:

Wir Deutschen sind, im europäischen Vergleich, in unseren Beziehungen zu Banken, bequem. Haben wir uns einmal entschieden, bleiben wir dort. Zwar haben viele Apotheker und Apothekerinnen – wegen der besseren Tagesgeldzinsen – ein Konto bei einer Direktbank, aber die Hauptgeschäftsverbindung bleibt.

Warum ist das so? Loyalität könnte ein wirklich guter und ehrenwerter Grund sein.

Oder ist es die Scheu vor dem Aufwand? Aber was kommt denn wirklich auf Sie zu?

–        Viele Zahlungsvorgänge erfolgen heute per Lastschrifteinzug. Hier sind die Einzugsberechtigten mit der neuen Kontonummer und dem Datum des Wechsels anzuschreiben.

–        Die Daueraufträge sind umzustellen. Zahlungsverkehrsprogramme, die von vielen Apothekern  / Ärzten / Zahnärzten genutzt werden, machen dies relativ einfach möglich.

–        Neue Scheck- und Kreditkarten sind zu beantragen.

Da auch der Bankbereich zum Verdrängungsmarkt geworden ist, bieten viele Banken einen „Umzugsservice“ an, das heißt die Bank und deren Mitarbeiter unterstützen Sie mit Vordrucken und häufig auch tatkräftig.

Ein letzter, aber entscheidender Punkt: Bevor Sie vollmundig Ihrer bisherigen Bank erklären, dass Sie wechseln werden; prüfen Sie bitte, ob dies – aufgrund von Vereinbarungen in Ihren Kreditverträgen – möglich ist. Häufig sind Ihre Ansprüche gegen die Abrechnungszentren oder KV/KZV an Ihre finanzierende Bank abgetreten und ein Wechsel wird hierdurch immens schwer. In diesem Fall müssen Sie überlegen, was Sie erreichen wollen, und mit Ihrer bisherigen Bank die Konditionen neu verhandeln. Meistens lohnt sich ein gut vorbereitetes und wertschätzendes Gespräch.

Fazit: Ein Bankwechsel ist also fast immer unkompliziert möglich und der Aufwand ist deutlich geringer, als Sie vermutlich denken. Häufig werden aber die sofort sichtbaren Vorteile überschätzt. Daher rechnen Sie genau, bevor Sie diesen Schritt tun. Vor allem aber prüfen Sie das Know-How Ihrer künftigen Bank. Ein falscher Rat – oder ein durch Unwissenheit verwehrter Kredit – kann Sie mehr kosten, als Sie jemals einsparen können: Ihre Existenz.

Checkliste Bankwechsel

Frage:Qualität
Ist spezielles Know-How über Apotheken / Praxis vorhanden?Ja / weiß nicht / nein
Sind die Mitarbeiter im Gesundheitswesen geschult?Ja / weiß nicht / nein
Ist diese Bank für flexible Lösungen bekannt?Ja / weiß nicht / Nein
Haben Kollegen eine Empfehlung ausgesprochen?Ja / Nein
Begegnen Ihnen die Bankbetreuer auf Augenhöhe?Ja / Nein
Ist die Bank für faire Konditionen und Gebühren bekannt?Ja / weiß nicht / Nein
Stehen Sie als Kunde im Mittelpunkt?Oder haben Sie den Eindruck, dass nur verkauft werden soll?Ja / weiß nicht / nein

Wenn Sie nicht alle Fragen eindeutig mit Ja / Nein beantworten können, klären Sie zunächst die offenen Punkte. Wenn Sie dann mehr als 1 „Nein“ haben sollten, überlegen Sie gut, ob sich ein Wechsel lohnt!

 In 10/2012 in leicht veränderter Form in der Pharmarundschau veröffentlicht.

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