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Schwierige Finanzierung von Apotheken

Der selbstständige Apotheker war in den letzten Jahrzehnten bei fast allen Banken ein gern gesehener Kunde, insbesondere ein höchst geschätzter Kreditkunde. Die Besonderheit dieser Berufsgruppe besteht in der für Banken lukrativen Kombination von geschäftlichen und privaten Geldgeschäften und dies bei einer bislang überschaubaren Risikosituation. Dies wandelt sich in den letzten Jahren. Nicht pauschal, aber merklich und zunehmend.

Grundsätzlich: Die Risikobeurteilung aller Bankkunden wird immer mehr auf technische Systeme verlagert. Sofern Sie, als Apotheker, nicht in das vorgegebene Raster passen, können Ihre wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse nicht realitätsnah abgebildet werden. Sollten Sie zusätzlich z.B. durch Kontoüberziehungen, oder ähnliches auffällig geworden sein, wird Ihre Bank auf Dauer nur noch geringes Interesse an Ihnen und Ihren Konten haben.

Was hat sich verändert?

Zunächst einmal sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die selbst geführte Apotheke komplexer und schwieriger geworden. Dies ist der erste Baustein für ein Rating der Apotheke, oder besser: des Apothekers…
Was versteht man aber unter einem Kreditrating? Grundsätzlich: Ratingsysteme bewerten Risiken nach bankinternen „Spielregeln“, die von staatlichen Kontrollbehörden überprüft werden. Ein Kreditrating stellt ein standardisiertes Verfahren für eine weitgehend objektive Risikobeurteilung dar. Es schätzt auf diese Weise die Wahrscheinlichkeit ein, mit der ein Kreditnehmer seine Kredite störungsfrei zurückzahlen kann bzw. wie hoch das Risiko eines möglichen Kreditausfalls ist.

Die Grundlagen für ein Rating stellen intern erhobene Daten über den Apotheker, seine Finanzen und sein Verhalten als Kunde sowie externe Informationen, z.B. Branchenanalysen über das Gesundheitswesen, dar.

Die internen Daten bestehen aus:

  • harten Faktoren, wie z.B. Auswertung der letzten drei Bilanzen inkl. GuV, sowie Analyse der Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers etc.
  • weichen Faktoren, wie z.B. Informationen zur Kontoführung, kaufmännische Qualität und Qualifikation des Praxisinhabers, familiäre Verhältnisse etc.
  • Das Ergebnis wird jeweils durch eine „Benotung“ abgebildet und legt die Kundenbonität fest. Hierüber regelt sich, ob eine Bank mit Freude Kredite vergibt oder nicht.

Auswirkung der Kundenbonität

Ja, jeder Kreditbetrag muss – zumindest teilweise – von Banken mit Eigenkapital unterlegt werden. Durch die so erreichte Beteiligung an dem Kreditvergaberisiko versucht die Kontrollbehörde sicherzustellen, dass sich Banken intensiver mit den Risiken eines Kredits auseinandersetzen. Wichtig zu wissen: Eigenkapitalbeschaffung ist für die Banken ein teurer Spaß…

Grundsätzlich: die Vergabe von „guten“ Risiken wird belohnt, da Banken hierfür wenig Eigenkapital unterlegen müssen.
Wenn ein Apotheker also über ein Top-Rating verfügt, wird die finanzierende Bank nur wenig eigenes Geld einsetzen müssen. Somit kann sie mit ihren Reserven weitere Kredite, aber auch teilweise günstigere Konditionen vergeben.

Sofern aber ein schlechtes Rating errechnet wird, muss die Bank diesen Kredit mit erhöhten Eigenkapitalanteilen, bis zur Komplettabsicherung, unterlegen. Diesen Nachteil wird sich die Bank dann häufig mit höheren Kreditzinsen bezahlen lassen, wenn der Kredit überhaupt vergeben wird.

Beispiel: Apotheke mit einem schlechten Rating

Apotheker M., 54 Jahre alt, verheiratet, 2 Kinder, betreibt seit 16 Jahren eine Apotheke in guter Lage einer Kleinstadt. Die Umsatzsituation ist mit rd. € 1,7 Mio zufriedenstellend. Der Apothekenertrag, vor Steuern, Zinsen und kalkulatorischem Unternehmerlohn ist seit Jahren, aufgrund einer hohen Kostenstruktur,  mit 5,5% unterdurchschnittlich.
Vor 2 Jahren hat Apotheker M. eine kleinere Filialapotheke mit einem Umsatz von € 1,1 Mio im Nachbarort gekauft, mit dem Ziel durch den kumulierten Umsatz seine Position beim Großhandel zu verbessern und über einen flexiblen Personaleinsatz seine Kosten zu reduzieren. Diese Idee ist nicht aufgegangen, die Filialapotheke von Beginn an ein Zuschussgeschäft.

Die Verbindlichkeiten von Apotheker M. belaufen sich auf insgesamt T€ 1.000, die sich mit T€ 550 auf die beiden Apotheken, mit T€ 100 auf die Finanzierung des Warenlagers und mit T€ 350 auf das selbstgenutzte Einfamilienhaus verteilen. Die komplette Finanzierung läuft über seine Hausbank. Die Werte für die Apotheken, das Haus, die Rückkaufswerte und das Warenlager werden in Summe ebenfalls mit T€ 1.000 von der Bank geschätzt.

Ein- bis zweimal im Monat kommt es zu kräftigen Kontoüberziehungen, insbesondere wenn der Großhandel seine Lastschriften zieht und die Steuerabschlagszahlungen belastet werden.

Das Bankgespräch und seine Tücken:

Der befreundete Bankfilialleiter bittet unseren Apotheker zu einem vertraulichen Gespräch und stellt heraus, dass sich seine Bank Sorgen macht, da sie immer mehr über die schlechte wirtschaftliche Situation von Apotheken höre. Vor allem weil der Apotheker regelmäßig seine Konten überzieht hat das Ratingsystem ein schlechtes Ergebnis errechnet. Hierdurch sind die finanziellen Spielräume des Apothekers, aber auch der Bank erheblich eingeschränkt. Überziehungen werden zukünftig nicht mehr zugelassen, da die Bank die Befürchtung hat, dass die Kredite nicht reibungslos bedient werden können.

Apotheker M. ist etwas überrascht. Er erläutert dem Filialleiter die Schwierigkeiten des Apothekerberufes und muss einräumen, dass die Übernahme der Filialapotheke eine wirtschaftliche Fehlentscheidung war. In diese Filiale sind nahezu seine gesamten Rücklagen geflossen. Die laufende Liquidität sei aber noch ausreichend, die zukünftigen Änderungen mit dem Steuerberater bereits simuliert. Es wird zwar nochmals enger, aber mit Sparmaßnahmen ist es wirtschaftlich zu schaffen. Eine Lösung für das Vermeiden der Überziehungen kann unser Apotheker allerdings nicht nennen, da er diese nicht als Problem sieht.

Zwei Wochen später erhält unser Apotheker einen Brief seiner Bank, in dem er gebeten wird, die wirtschaftliche Entwicklung seiner Apotheken für die kommenden drei Jahre darzustellen und ein Entschuldungskonzept zu entwerfen. Der wichtige Punkt für die Bank ist die Vermeidung von Überziehungen auf dem laufenden Geschäftskonto.

Reaktion und Ergebnis

Nun erarbeitet unser Apotheker ein grobes Konzept, das von Umsatzsteigerungen und Kosteneinsparungen ausgeht und somit auf diese Weise rechnerisch die Liquidität sicherstellt.

Einen Teil des Kontokorrentsaldos löst er zeitnah durch einen Kredit des Großhandels ab. Optisch gesehen ist zunächst alles gut. Aber, Achtung: die liquide Zusatzbelastung aus Tilgung und Zinsdienst für den Großhandel beläuft sich pro Jahr auf zusätzliche T€ 27,0, von den schlechteren Bezugskonditionen einmal ganz abgesehen.

Durch diese adhoc-Maßnahme wird für rund 6 Monate Zeit gewonnen. Die zusätzlichen Kreditbelastungen übersteigen zügig die Möglichkeiten der Apotheken und führen erneut zum Anstieg des Kontokorrentsaldos mit Überziehungen bei der Hausbank, die nun erste Lastschriften zurückgibt. Sie bittet nun unseren Apotheker sein laufendes Konto zu einer anderen Bank zu verlagern. Apotheker M. ist für seine Bank zu einem echten Risiko geworden.

Was hat konkret zu dieser Situation geführt?

Externe Informationen: die Apothekenbranche wird vom Ratingsystem der Bank grundsätzlich schwierig eingeschätzt.

Interne Informationen:

  • Verschuldungsgrad: Die Vermögensbilanz zeigt einen hohen Verschuldungsgrad, durch den selbst bei Verkauf von privatem Haus und Rückkaufswerten. nur schwerlich eine Schudenfreiheit bis zum Eintritt des Ruhestands aufgezeigt werden kann.
  • Apothekenentwicklung: Der Kauf der Filialapotheke hat nicht zu dem gewünschten positiven Resultaten geführt, sondern stellt auch für die kommenden Jahre eine weitere Belastung dar.
  • Überziehungen: Sie entstehen in den letzten Monaten regelmäßig und sind für die Bank ein absolutes Warnzeichen.
  • Wirtschaftliche Kenntnisse: Sie werden negativ betrachtet, da die Investition in die Filialapotheke keinen Erfolg zeigt, auf die schlechte Kostenstruktur seit Jahren nicht reagiert wurde und die angeforderte Konzeption nur unzureichendes wirtschaftliches Verständnis zeigt.

Für Apotheker M. wird es schwer innerhalb einiger Wochen einen neuen Kreditgeber zu finden. Wie kann er auch fremden Banken, wenn sich aus der Bankauskunft eine unregelmäßige Kontoführung zeigt, Sicherheit geben? Rundum eine missliche Situation, die nicht mehr mit üblichen Mitteln bekämpft werden kann.

Nicht jeder Fall ist so klar wie dieser, aber an diesem Beispiel können Sie erkennen, wie schnell auch Ihre liquide Situation gefährdet sein kann. Gewinne stagnieren oder gehen zurück. Bisherige Vereinbarungen, wie stillschweigende Überziehungsmöglichkeiten werden anders bewertet oder eine kleinere Kreditlinie steht Ihnen nicht mehr zur Verfügung und schon wird es eng.

Grundsatz – Achten Sie immer auf Ihre Zahlungsfähigkeit:

Je besser Ihre Zahlungsfähigkeit, also Ihre Liquidität, desto positiver wird Ihr Rating und das Ihrer Apotheke sein. Sofern die bank Interesse an der Finanzierung von Apotheken zeigt. Fragen Sie dies bitte aktiv ab.
Ein gutes oder sehr gutes Rating verbessert die Basis für Ihre Gespräche mit den Banken häufig und wird sich auch häufig spürbar in guten Kreditkonditionen auswirken.

To-do-Liste

  • Kontrollieren Sie laufend Ihrer betriebswirtschaftlichen Zahlen, am besten qualitativ zu Vergleichsapotheken. Achten Sie besonders auf Ihren Rohertrag und Ihre Personalkostenstruktur!
  • Seien Sie Ihren Banken gegenüber in betriebswirtschaftlichen Fragen immer aussagefähig. Vermitteln Sie stets den Eindruck, dass Sie eine unternehmerische Persönlichkeit sind, die die Besonderheiten des Gesundheitswesens kennt und damit geschickt umgeht. Umsatzpotentiale erkennen Sie nicht nur, sondern gehen Sie auch dynamisch an. Schließlich agieren Sie, trotz schwieriger Rahmenbedingungen, in einem der Wachstumsmärkte Deutschlands.
  • Pflegen Sie immer gute, auch informelle Kontakte, zu mindestens 2 Banken
  • Vermeiden Sie Überziehungen durch eine laufende aktive Liquiditätssteuerung
  • Bilden Sie finanzielle Rücklagen für Notfälle
  • Prüfen Sie jede Investitionsentscheidung vorab auf Nachhaltigkeit

Auf diese Weise wird es Ihnen gelingen, jedes fast Ratingsystem und Bankberater von Ihren Qualitäten als Unternehmer im Gesundheitswesen zu überzeugen

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